Biographie

Abb. 1 Stefan Erdmann – auf einer seiner vielen Forschungsreisen – in Paraguay im Jahr 2011

Der Pyramiden-Experte und Sachbuch-Autor Stefan Erdmann (geb. 1966 in Hannover) begann Ende der 1980er Jahre mit seiner Privatforschung in Form umfassender Recherchen und Expeditionen auf der Suche nach den Ursprüngen und der Geschichte des Pyramiden-Phänomens, den Spuren einer von ihm vermuteten, weltweiten Pyramidenbauer-Kultur der Vorzeit sowie nach Belegen für interkontinentalen, insbesondere panatlantischen Kulturaustausch in ferner Vergangenheit. Die zentrale Rolle bei dieser Spurensuche in der Alten und Neuen Welt sowie im Rahmen seiner Tätigkeit als Autor stellten für ihn von Anfang an Ägypten und der dortige Pyramidenbau dar.

Es dürfte weltweit wohl wenige freie Forscher der jüngeren Vergangenheit und Gegenwart geben, die Ägypten derart intensiv bereist und so viele Stunden auf dem Plateau von Gizeh und an anderen wichtigen Stätten des Landes verbracht haben wie Stefan Erdmann. Auch wenn der eher naturwissenschaftliche Schwerpunkt seiner Forschungsarbeit in Ägypten – und auch schon in seinem ersten Buch „Den Göttern auf der Spur“ – kaum zu übersehen ist, vertritt er als Autodidakt und Generalist letztlich einen poly- und transdisziplinären Forschungsansatz, der sehr unterschiedliche Herangehens- und Betrachtungsweisen sowie Methoden vieler Disziplinen aus Geistes- und Naturwissenschaften vereint.

Schon früh gelangte Erdmann zu der Auffassung, dass die herkömmlichen Theorien über den Bau, den Sinn und den Zweck der Pyramiden (speziell jener in Ägypten) keineswegs logisch und evident sind. Es erschien ihm, wie auch vielen anderen Wissenschaftlern und Forschern abseits des fachwissenschaftlichen Mainstreams, alles andere als plausibel, dass die dortigen Pyramiden als Begräbnisstätten errichtet worden sein sollen. Stefan Erdmann war einer der ersten Forscher, der recht früh zwischen zwei unterschiedlichen Bauepochen und Systemen unterschied:

Abb. 2 Stefan Erdmann in der ‚Knickpyramide‘ von Dashur

a. dem Groß-Pyramiden System, mit den Gizeh-Pyramiden, Abu Roach, Dahschur-Pyramiden und Meidum-Pyramide

b. dem Klein-Pyramiden System, jenen Pyramiden, ab der 5. und 6. Dynastie, in denen auch erstmals schriftliche Relikte auftauchen. Diese Klein-Pyramiden ab der 5. und 6. Dynastie stehen für Erdmann in einem historischen Zusammenhang mit dem antiken Priesterzentrum Heliopolis. Dort befand sich das älteste antike Wissenszentrum mit über 10 000 Priester-Gelehrten. Hinzu kommt, dass wir erst in den Pyramiden der 5. und 6. Dynastie, die den Groß-Pyramiden bautechnisch bei weitem unterlegen waren, schriftliche Aufzeichnungen vorfinden. Für Erdmann stellen diese Pyramiden reine Kult-Bauwerke dar, welche durchaus in den von der heutigen Mainstream-Ägyptologie vorgegebenen zeitlichen Rahmen passen; im Gegensatz zu den Groß-Pyramiden, in denen – abgesehen von den umstrittenen roten Graffiti in der so genannten Cheops-Pyramide – keinerlei schriftliche Hinterlassenschaften entdeckt wurden.

Im Verlauf seiner langjährigen Forschung und Spurensuche kam Stefan Erdmann immer mehr zu der Ansicht, dass es sich bei der Großen Pyramide von Gizeh und den anderen Groß-Pyramiden vormals um technische Anlagen gehandelt hat. Ab 2005 befasste er sich intensiv mit der Theorie des österreichischen Privatforschers Hermann Waldhauser, der in den 1970er Jahren plausibel darlegen konnte, dass die Große Pyramide als Wasserhebeanlage errichtet wurde. Erdmann war höchst angetan von dieser Theorie und widmete sich fortan auch der Aufgabe, sie genauer zu untersuchen. Durch seine Feldforschung, die mit Laboranalysen von Schlammproben beim Institut Fresenius in Dresden einherging, konnte er schließlich im Jahr 2007 den naturwissenschaftlichen Nachweis erbringen, dass über lange Zeiträume Wasser durch die Große Pyramide – in jedem Fall durch den Schacht in der unteren Felsenkammer – geflossen sein muss. Damit stand für ihn fest, dass es den von Herodot an mehreren Stellen seiner ‚Historien‘ ausführlich beschriebenen Kanal, der laut dem antiken griechischen Historiker direkt vom Nil in die unterirdische Kammer geleitet wurde, wirklich gibt.

Abb. 3 Stefan Erdmann vor dem ‚Gantenbrink-Schacht‘ in der Großen Pyramide

Ein weiterer wissenschaftlicher Meilenstein in Erdmanns Forschungsarbeit war der Nachweis von Nilschlamm in den Entlastungskammern im selben Jahr. Auch diese bahnbrechende Entdeckung stützt massiv und nachhaltig seine Theorie einer technischen Funktion der Großen Pyramide in Zusammenhang mit Wasser. Bei den Untersuchungen, die der Forscher von 2005 bis 2007 durchgeführt hat, sind ihm zudem an den Decke in der Königskammer regelmäßige dunkle, von den Fachwissenschaftlern ignorierte Verfärbungen aufgefallen, die einen zusätzlichen, besonders interessanten Hinweis auf krypto-technologische Aktivitäten in der Großen Pyramide darzustellen scheinen. Ihre Untersuchung und die Auswertung der dabei gewonnenen Daten stellen einen wesentlichen Aspekt des ‚Cheops Projekts‘ dar, das Stefan Erdmann gemeinsam mit dem Chemnitzer Experimental-Archäologen Dr. Dominique Görlitz entwickelt hat und vorantreibt.

Im Laufe der vielen Jahre, in denen Stefan Erdmann immer wieder in Ägypten forschte, durfte er zahlreiche namhafte Forscher und Wissenschaftler persönlich kennen lernen. Darunter Zahi Hawass, John Anthony West, James J. Hurtak, Stephen Mehler, Abd’El Hakim Awyan (1926-2008) und viele andere. Insbesondere die Begegnung mit Abd’El Hakim Awyan – von seinen Freunden und Schülern kurz ‚Hakim‘ genannt – war für Stefan Erdmann wegweisend. Die beiden verband bis zu Hakims Tod im Jahr 2008 eine enge Freundschaft.

Abb. 4 Stefan Erdmann und Hakim bei einer Rast auf dem Grabungsfeld von Dahschur

Hakim gehörte zu einer kleinen Gruppe eingeweihter Persönlichkeiten der Arabischen Welt, welche das überlieferte Wissen um die ansonsten vergessene khemitischen Kultur Altägyptens bis in die Gegenwart hinein gepflegt und bewahrt haben. Abd’El Hakim Awyan hatte neben seiner traditionellen Schulung auch eine fundierte Universitätsausbildung in Kairo in der Fachrichtung Archäologie Ägyptens absolviert, und später an der Universität Leiden in den Niederlanden gelehrt. Er war, so Erdmann, eine herausragende Persönlichkeit seiner Zeit und eine Ausnahmeerscheinung in der ägyptischen Wissenschaftsgemeinde, denn er verstand es wie kaum ein anderer in seinem Heimatland, Religion und Mythologie mit moderner Naturwissenschaft zu vereinen. Auch Hakim vertrat die Auffassung, dass die großen Pyramiden Ägyptens einst als technische Anlagen errichtet wurden und das Vermächtnis einer viel älteren Kultur darstellen.

Wie Erdmann betont, beeindruckte es ihn besonders, dass der große Denker Abd’El Hakim Awyan bei aller Spritualität völlig frei von religiösen Dogmen war, und auch wissenschaftlichen Paradigmen nicht allzuviel Bedeutung beimaß. Dass dies und eine strikte Orientierung an Fakten und Evidenzen in der ‚Welt der Wissenschaft‘ – gerade was Ägypten betrifft – keineswegs selbstverständlich ist, musste Stefan Erdmann im Laufe seiner Forschungstätigkeit und Autorenschaft immer wieder erfahren. Insbesondere wenn es um mythische Überlieferungen und Mysterien geht, reagiert die orthodoxe Wissenschaft reflexartig mit dem Einsatz weltanschaulicher ‚Scheuklappen‘ – und so etwas ist dem Erkenntnisprozess noch nie förderlich gewesen.

Abb. 5 Originalskizze von Hermann Waldhausers funktionstüchtigem Modell der Großen Pyramide als enormes Wasserpumpwerk

Für Erdmann stellen Altägypten und die vielen unbeantworteten Fragen rund um den Pyramidenbau diesbezüglich ein Paradebeispiel dar, und er weist in diesem Zusammenhang auf den Wissenschaftstheoretiker Thomas S. Kuhn hin. Kuhn konstatierte einen Konservativismus universitäter Wissenschaft u.a. aufgrund der Tatsache, dass ihre etablierten Vertreter dazu neigen, sich nachhaltig auf Paradigmen – also Systeme kollektiv akzeptierter Erkenntnisse – festzulegen, und folglich alles rigoros ablehnen, was sich einer entsprechenden Einordnung entzieht. In diesem Zusammenhang sprechen Richard L. Thompson und Michael A. Cremo auch von einem so genannten „Erkenntnisfilter“, mit dem Vorstellungen, die nicht mit den herrschenden Paradigmen konform gehen, umgehend verworfen werden. In der Konsequenz werden alle Ideen, die nicht die gängigen Theorien stützen, entweder lächerlich gemacht oder totgeschwiegen. Letztlich verhält es sich so auch in Hinsicht auf Erdmanns außenseiterische Pyramiden-Thesen, auf die Pumpentheorie (Abb. 5) von Hermann Waldhauser, die Kraftwerk-Theorie von Christopher Dunn u.a., die derzeit noch einer – bei Licht betrachtet – völlig unwissenschaftlichen Erkenntnisfilterung seitens der institutionalisierten scientific community ausgesetzt sind.

Wissenschaft, hebt Erdmann ganz zu Recht hervor, „sollte eigentlich frei sein von ideologischem, religiösem und politischem Eifer. Leider ist genau dies ist in Ägypten bzw. unter den Ägyptologen in Kairo sehr schwierig, denn schließlich ist in der ägyptischen Gesellschaft der Koran nach wie vor das Maß aller Dinge – und das wirkt nicht zuletzt auch in den Bereich der Ur- und Frühgeschichtsbetrachtung hinein. Natürlich betrifft dies keineswegs nur den Islam und die islamische Welt, sondern gleichfalls auch die beiden anderen mosaischen Religionen, sprich Judentum und Christentum.

Abb. 6 Die Wissenschaft sollte, so Stefan Erdmann, frei von ideologischen Implikationen sein. In der Praxis scheint sie sich derzeit noch weit entfernt von einem solchen Idealzustand zu befinden.

In seinem zweibändigen Werk „Banken, Brot und Bomben“ hat Erdmann beispielsweise eindrucksvoll aufgezeigt, dass es einen Auszug der Hebräer aus Ägypten niemals in der Form gegeben hat, wie es die biblischen Autoren berichtet haben. Auch gab es nach Erdmanns Ansicht – und der vieler anderer Experten – die Königreiche Davids und Salomons, so wie die Bibel sie beschreibt, überhaupt nicht. Bei den beiden hebräischen Königen David und Salomon handelt es sich sehr wahrscheinlich um die ägyptischen Pharaonen Thutmosis III. und Amenophis III., und bei dem biblischen Moses vermutlich um keinen Geringeren als den ägyptischen Pharao Echnaton. Selbst wenn es um den ‚historischen Jesus von Nazareth‘ geht, stellt Erdmann einen sehr interessanten Zusammenhang zum Alten Ägypten und dem Pharao Tutenchamun her. Sicher scheint für den Autor aber zu sein, dass die spätere Personifizierung Jesu mit dem ägyptischen Horus-Mythos zu tun hat, und letztlich auch aus dem Alten Ägypten entlehnt wurde, wie so vieles aus dem Alten Testament.

Es sei offensichtlich, so Erdmann, dass die mosaischen Religionen aus den alten ägyptischen Traditionen geboren bzw. ausgefiltert wurden. Das hat schon sein Forscherkollege John Anthony West auf den Punkt gebracht, als er feststellte: „Die religiösen Gelehrten – egal, ob es sich dabei um Christen, Juden oder Moslems handelt – weigern sich mit aller Macht zuzugeben, dass eine wesentliche Quelle ihrer jeweiligen Glaubenslehre in Ägypten zu finden ist.“

Abb. 7 Impaktereignissen schreibt Stefan Erdmann eine gravierende Rolle in der Zivilisationsgeschichte der Menschheit zu.

Stefan Erdmann ist bemüht, in all seinen Theorien möglichst offen für Alternativen zu bleiben, auch hinsichtlich des Alters der Pyramiden und was die Frage nach ihren Erbauern betrifft. Es geht ihm vor allem darum, auf polydisziplinärer Grundlage weiter entwickelbare Lösungsansätze zu erarbeiten, wobei er wohl nicht zu Unrecht auch einen Zusammenhang zwischen Ägypten und einer anzunehmenden, früheren Zivilisation vermutet, mithin eines ‚Goldenen Zeitalters‘ menschlicher Kultur, lange vor der dynastischen Epoche des eigentlichen Pharaonenreichs. Ob man diese primhistorische Kultur der westlichen Hemisphäre nun Atlantis nennen mag oder eine andere Bezeichnung vorzieht, ist aus seiner Sicht eine zweitrangige Frage.

Das fast spurlose Verschwinden solcher (nicht nur) von ihm vermuteten, älteren Menschheitskulturen sieht Erdmann als Katastrophist im Zusammenhang mit Impaktereignissen – welche es mit einiger Sicherheit in den vergangenen 15.000 Jahren zwei- oder sogar dreimal gegeben hat -, die gewaltige Erdbeben und riesige Flutwellen, mit teilweise globalem Ausmaß ausgelöst haben müssen. Derartige kataklysmische Ereignisse stellen für Erdmann einen plausiblen Erklärungsansatz dar, warum es heute so schwierig ist, weltweit, aber gerade auch in Bezug auf eine Jahrtausende ältere Vorgänger-Kultur Ägyptens, noch beweiskräftige materielle Relikte zu finden: „Sie sind schlichtweg von den tobenden Elementen – man denke nur an den Folgevulkanismus, Flächenbrände und die Wasserberge der weit ins Landesinnere vordringenden Riesen-Tsunamis – zertrümmert, verbrannt und weggespült worden. Die spärlichen Überreste fielen dann zumeist der Erosion, also dem sprichwörtlichen ‚Zahn der Zeit‘ zum Opfer, oder befinden sich, für Forscher fast unzugänglich, im heutigen Meeresboden oder unter erstarrten Lavamassen.

All diese Zusammenhänge und Überlegungen stellt Stefan Erdmann in den Mittelpunkt seines neuen Buches, das 2017 erscheinen soll.

Bild-Quellen:

1-4) Bildarchiv Stefan Erdmann
5) Hermann Waldhauser, „Die Modelldarstellung der Cheops-Pyramide als Wasserpumpwerk“, Steyr (Österreich), ohne Jahrgang, ISBN 3-900 309-00-0 (online als PDF-Datei)
6) Bildarchiv Stefan Erdmann
7) State Farm bei Wikimedia Commons, unter: File:Asteroid falling to Earth.jpg